Sie sind hier: Goethe-Genealogie.de » Mutterstammbaum » Erläuterungen


"Mutterstammbaum"
Erläuterungen

Zum Begriff der "Mutterstammtafel"

Seit in der Humangenetik um 1990 der so genannte "genetische Fingerabdruck" seinen Siegeszug zur Identitätsfeststellung in Kriminalistik und zum Vaterschaftsnachweis angetreten hat, wird diese Methode auch innerhalb der Genealogie immer wichtiger: DNA-Genealogie! Eine Literaturzusammenstellung über den "genetischen Fingerabdruck" in der genealogischen Literatur findet man auf den Seiten 35-36 meiner Broschüre: "Die Welt der vernachlässigten Abstammungen: "Mutterstämme" - Töchterketten" Eine Beispiel-Mutterstammtafel als Aufruf zur Vervollständigung! Und eine Gesetzmäßigkeit im Geschlechterverhältnis von Ahnen-Geschwistern". Verlagsbesprechung dazu siehe unter: http://www.genetalogie.de/mgross/fana.html
Dabei rückt die normale "uralte" (patrilineare) Stammfolge bzw. -tafel der Genealogie erneut in den genetischen Vordergrund, da sich Y-chromosomale Gene nur im reinen Mannesstamm vererben. Das ist die eine Basis dieser DNA-Analysenmethode.

Die mitochondriale Vererbung:

Die andere Basis sind Gene der Mitochondrien. Diese sog. mtDNA-Gene werden nur in der reinen Mutterlinie weitervererbt. Ein Sohn erhält sie zwar von seiner Mutter, kann sie aber nicht mehr weiter vererben. Damit kommen aber nun auch die "Mutterstämme" ins "geneTalogische" Blickfeld! Innerhalb der Vorfahrenschaft (Ahnentafel) und der Nachkommenschaft (Spezialfälle: Stammtafel und "Mutterstammtafel") sind das diejenigen Linien, die nur weibliche Zwischenglieder besitzen. Bei der Nachkommenschaft, die wir hier nur ausschließlich betrachten, kommen wir von einer "Stammmutter" ausgehend, mit ausschließlich solchen "Töchterketten" dann zu der so genannten matrilinearen "Mutterstammtafel". Diese enthält also nur Töchternachkommen, d.h. Personen, die nur durch weibliche Zwischenglieder zusammenhängen.

In den einzelnen Generationen gehören aber die Söhne der Mütter (= Brüder der Schwestern) als "Endglieder" von Abstammungslinien immer noch mit zur "Mutterstammtafel", denn diese sind ja mtDNA-Erbträger. Nur nicht mehr deren Nachkommen. Analog wie in einer vollständigen Stammtafel ja auch die Töchter als Namensträger, ledig oder "ausheiratend",. noch mit aufgeführt werden; - nur bei Stammtafel-Linienübersichten, wie sie z.B. in genealogischen Reihenwerken üblich sind, verzichtet man meist auf alle weiblichen Personen. Die männlichen "Endglieder" in "Mutterstammtafeln" erinnern an die mathematische Sonderrolle des Probanden in der Ahnentafel. In der "Mutterstammtafel" sind diese Söhne biologisch immer dann die "Letzten des Mutterstammes" , also des mtDNA-Erbgutes, wenn der "Mutterstamm" in der jeweiligen Generation nicht durch Schwestern oder "Cousinen höheren Grades" fortgesetzt wird.

Es ist in der "Mutterstammtafel" somit genau der komplementäre ("spiegelbildliche") genealogische Sachverhalt dargestellt, wie bei der normalen (patrilinearen) Stammtafel. Die Stammtafel enthält ja auch nur Linien, die nur durch männliche Zwischenglieder mit dem "Stammvater" zusammenhängen. Schließlich sind dort ja die Töchter der Väter (= Schwestern der Brüder) als Namensträger der Familien auch noch mit aufgeführt (obgleich sie kein familienspezifisches Y-Chromosom mehr enthalten); aber dann nicht mehr die Nachkommen der Töchter, da sie ja genealogisch aus der Stammfamilie "ausheiraten" (zumindest im früher hergebrachten Sinne).

Äußerlich besteht jedoch zwischen Stammtafel und "Mutterstammtafel" der gravierende Unterschied darin, dass bei der Stammtafel in jeder Generation die Familie gleich bleibt (zumindest nach dem früheren Namensrecht) , denn die Namensträger einer Familien sind ja das eigentliche Charakteristikum der seit Jahrtausenden existierenden Stammtafel! Bei der "Mutterstammtafel" wechselt indes in jeder Generation die Familie, und zwar im allgemeinen bei jeder "ausheiratenden" Tochter, die in eine andere Familie "einheiratet" (wiederum im früher hergebrachten Sinne zu verstehen).

Stammtafel und "Mutterstammtafel" sind die beiden typischen Spezialfälle einer Gesamtnachkommentafel, die alle Nachkommen aller existierenden Abstammungen, d.h. alle vorkommenden Filiationslinien-Kombinationen: Mann-Frau-… enthält.

Das Hauptargument für die Bezeichnung "Stamm" in "Mutterstammtafel" dürfte die Tatsache sein, dass die so definierte "Mutterstammtafel" sich dann mathematisch auch nach den gleichen q-Kindersystem-Regeln für schematische Familien entwickelt, wie die (patrilineare) Stammtafel.

Beide Nachkommens-Spezialfälle (Stammtafel und "Mutterstammtafel") wachsen als "schematische Familien" im q-Kindersystem von Generation k zu Generation k+1, k+2,… nach der Beziehung:

qk / 2k-1

Demgegenüber wächst eine Gesamtnachkommentafel "schematisch" nach:

q1, q2, q3, q4 usf., allgemein qk

Auf die analoge(!) Gesetzmäßigkeit von Stammtafel und solchen Tafeln, die "nach dem Prinzip des Matriarchats (Mutterrechts) … nur durch weibliche Zwischenglieder mit der Stammmutter zusammenhängen" hatte bereits Prof. Siegfried RÖSCH (1899-1984) in seinem Büchlein "Grundzüge einer quantitativen Genealogie" 1955 auf Seite 41 hingewiesen.

Der Begriff "Mutterstammtafel" lässt sich wohl außerdem noch historisch damit rechtfertigen, dass wir dabei an das Mutterrecht (Matriarchat) denken können, das der Schweizer Geschichtsprofessor Johann Jakob BACHOFEN (1815-1887) bereits 1861 in seinem oft zitierten Buch "Das Mutterrecht" ausführlichst dargestellt hat.

Es versteht sich auch von selbst, dass bei vollständigen Stammtafeln und "Mutterstammtafeln" die jeweiligen weiblichen bzw. männlichen Ehepartner mit anzugeben sind, diese aber natürlich zahlenmäßig und statistisch nicht zu den beiden Darstellungsformen mit dazu gehören.

Diese Gedanken sollten auch die Programmierer von Genealogie-Programmen kennen, damit bezüglich Mutterstammtafel bzw. -liste wenigstens in Deutschland Sprachgebrauch und Darstellungsweise tunlichst einheitlich gehandhabt werden.

In meiner GeneTalogie-Internetseite
http://www.genetalogie.de/stammtafeln/einleitung.html
sind von 7 größeren bürgerlichen Stammtafeln (ALDINGER, CONZELMANN, GMELIN, ORTH, WELSER, FUGGER, SIEMENS) und 2 Gesamtnachkommentafeln (FEUERLEIN, RIES) statistische Auswertungen hinsichtlich des generationsmäßigen Wachstums, der Anzahl der männlichen und weiblichen Namensträger, der Streuung der Geburtsjahre und der Kinderzahlen (Geschwistergrößen) dargestellt.

An anderer Stelle der GeneTalogie-Seite:
http://www.genetalogie.de/schema/sfam.html
ist das Wachstum dieser 9 Nachkommenschaften noch in Form von Kurvendiagrammen dargestellt und an "schematischen Familien" als ideellen Modellen verglichen.

Es dürfte eine sehr erstrebenswerte Zukunftsaufgabe für die biologisch-orientierte Genealogie (="GeneTalogie") sein, solche Vergleiche auch an "Mutterstammtafeln" durchzuführen, zumal auch der "genetische Fingerabdruck" für uns hier zu einer genealogischen Herausforderung geworden ist.

Quelle:
Richter, Arndt "'Mutterstämme' und Töchterketten"; in: Computergenealogie, 2/2007, S. 22-24:


Weiterführende Literatur:
Richter, Arndt: "Die Welt der vernachlässigten Abstammungen: "Mutterstämme" und Töchterketten" http://www.genetalogie.de/mgross/fana.html
 

zurück Seiten-
anfang
Seite
drucken

Goethe-Genealogie
Kommentare und Ergänzungen zu dieser WWW-Seite an: guenther@ungerweb.de 
URL: http://goethe-genealogie.de/mutterstammbaum/mutterstammbaum-erlaeuterungen.html
letzte Änderung: 17. Januar 2009, © ungerweb